Das Point Reyes Lighthouse ist Teil des Point Reyes National Seashore. Dieses Naturschutzgebiet ist eine der schönsten Wildnisse der Bay Area. Die Halbinsel ist an drei Seiten von Felsenküsten und Sandstränden gesäumt und bietet mit ihren Nadelwäldern und Wiesen eine einzigartige, unberührte Landschaft, welche sich rund 61 Kilometer nordwestlich von San Francisco befindet und bequem über den Highway 1 erreichbar ist.
Geologisch betrachtet handelt es sich bei dieser Halbinsel um ein Stück der Erdkruste, das im Laufe der letzten 6 Millionen Jahre entlang der San-Andreas-Spalte aus der Gegend von Los Angeles bis hierhin verschoben wurde.
Blick auf die idyllische Westküste (327kb). |
Schon die Anreise ist ein Erlebnis. Gleich hinter Marin City zweigt der alte Highway 1 vom Highway 101 nach Westen ab. Hier beginnt eine der kurvenreichsten Strecken, die ich je gefahren bin. Durch die Außenbezirke von Marin City führt die Straße in einen Wald hinein. Hier befindet sich nördlich das Muir Woods National Monument und der Mount Tamalpais State Park. Nach knapp 10 Kilometern gelangt man zur Küste. Ein wunderschöner Ausblick zurück auf die nördliche Bay Area ist die erste Belohnung des windungsreichen Straßenabschnitts.
Parkplätze braucht der Surfer: Stinson Beach (359kb). |
Aber auch der Blick aufs Meer ist sehenswert. Wir gelangen nach Stinson Beach, einem trotz des kalten Wassers vor allem bei Surfern beliebten Ort. Gleich dahinter folgt die Bolinas Lagoon, ein kleines Meeresbecken, an dessen Eingang sich das Städtchen Bolinas befindet. Dieses ist ironischerweise dadurch bekannt geworden, dass die Bewohner durch das permanente Entfernen jeglicher Hinweisschilder die Touristen aus ihrem Ort fernhalten wollten, worüber dann aber in den Medien groß berichtet wurde.
Wir fahren weiter auf dem Shoreline Highway bis Olema. Hier wartet das Bear Valley Visitors Center mit zwei sehenswerten Wanderwegen auf. Einer führt nach Kule Loklo, einem nachgebauten Miwok-Dorf, der andere kreuzt die San-Andreas-Spalte und führt zu einem Zaun, der sich bei dem großen Beben von 1906 um ganze fünf Meter verschob.
Der unberührte Sandstrand der Nordflanke (369kb). |
Visitor Center auf der Hügelkuppe (175kb). |
Gleich hinter Olema gelangt man nach Point Reyes Station. Hier zweigt der Sir Francis Drake Boulevard zum Point Reyes Lighthouse ab, das aber noch in weiter Ferne liegt. Zunächst gelangt man nach Inverness und wähnt sich tatsächlich im schottischen Hochland. Weite saftige Wiesen prägen nun die hügelige Landschaft, über die sich die kleine Straße zum westlichen Zipfel der nach Süden gebogenen Halbinsel windet. Mit der südlich der Halbinsel gelegenen Drake's Bay vermutet man übrigens die Stelle, an der der Freibeuter Sir Francis Drake 1579 mit seinem Schiff "Golden Hind" vor Anker ging und die kalifornische Küste zum englischen Besitz erklärte.
34 Kilometer vom Besucherzentrum entfernt liegt schließlich das Ziel unseres Ausflugs, das Point Reyes Lighthouse. Je näher man jedoch dem vermeintlichen Ziel kommt, desto unsicherer wird man, denn ein Leuchtturm ist weit und breit nicht zu sehen. Mehrmals habe ich auf die Landkarte und mein GPS geschaut, doch die Straße hat nur dieses eine Ziel. Ein Parkplatz weist schließlich auf das Erreichen des Lighthouse hin, von dem aber immer noch jede Spur fehlt. Von hier geht es zu Fuß weiter eine kleine Anhöhe hinauf. Nach Norden bietet sich ein beeindruckender Ausblick auf die sich im Dunst der Ferne verlierende schnurgerade Nordküste der Halbinsel.
Der Leuchtturm liegt am Fuße der Klippen (300kb). |
Aussichtplattform oberhalb der Treppe (300kb). |
Lighthouse mit Nebengebäuden (320kb). |
Noch ein paar Schritte und man hat die Kuppe der Anhöhe erreicht. Hier befindet sich das erste Gebäude der Leuchtturmlokalität, und man ist erstaunt. Erst jetzt kann man den Leuchtturm erkennen. Dieser liegt entgegen allen Erwartungen nicht etwa auf dem höchsten Punkt der Klippen sondern zu ihren Füßen. Und das macht Sinn: von anderen Leuchttürmen hatte man gelernt, dass es an besonders nebelreichen Orten wie diesem sinnvoller ist, möglichst niedrig zu leuchten und damit bei sich auflösendem Nebel unter diesem hindurch zu leuchten, als durch eine höhere Lage wegen der Erdkrümmung von größerer Entfernung sichtbar zu sein. Insgesamt 308 Stufen führen hinunter zu dem ziemlich kleinen Türmchen und ein paar kleineren Gebäuden, was einem 30-stöckigen Gebäude entspricht und sehr leicht unterschätzt wird. Der Turm selbst ist 16-eckig, 11,2 Meter hoch und ein Zwilling des Turmes an Cape Mendocino. Doch zunächst genießt man die Aussicht an diesem westlichsten Punkt der Halbinsel. Von einer Aussichtsplattform am oberen Ende der Treppe hat man einen 270-Grad Rundumblick über die Landzunge.
Im Meer westlich des Leuchtturms erkennt man bei günstigem Sonnenstand deutlich, wie die verschiedenen Strömungen der Nord- und Südseite der Halbinsel aufeinandertreffen. Dies war auch die Ursache für die Errichtung des Leuchtturms. Viele Schiffe sind hier auf Grund gelaufen. Den Anfang machte 1595 die spanische Galleone "San Agustin", die in Drake's Bay strandete. Trotz diesem und vielen weiteren Schiffswracks blieb Point Reyes weitere 275 Jahre unkartographiert. Erst 1852 bewilligte der Kongress 25.000 Dollar zum Bau eines Leuchtturms. Die ungünstige Lage und der Bürgerkrieg verzögerten jedoch den Bau, so dass der Turm erst am 1. Dezember 1870 seinen Betrieb aufnehmen konnte, was mindestens weiteren sieben Schiffen zum Verhängnis wurde. Seither sorgt ein Lichtstrahl, der 24 nautische Meilen (44,4 Kilometer) weit gesehen werden kann, für die nötige Orientierung im Nebel.
(261kb). |
Früher wurde das Licht von 4 Öllampen erzeugt, das von einer drei Tonnen schweren Linse fokussiert wurde, die aus über 1.000 handgefertigten Prismen und "Bullaugen" bestand. Die Reinigung dieser Linse vom Ruß und das Nachfüllen des Öls waren Knochenarbeit, zumal es hier langanhaltende Nebelphasen gab. Dies führte bei den Bediensteten nicht selten zu Alkoholproblemen. Ein Leuchtturmwärter soll sich sogar angewöhnt haben, den für die Linsenreinigung vorgesehenen Alkohol zu trinken und wurde oft betrunken am Straßenrand liegend gesehen. Das Nebelhorn wurde früher von einer dampfbetriebenen Pfeife erzeugt, die sich unterhalb des Leuchtturms befand. Große kuppelartigen Wassertanks oberhalb versorgten das Nebelhorn mit dem benötigten Rohstoff, der jedoch oft knapp wurde. In einem Jahr wurden z. B. über 20.000 Gallonen (75,7 qm) Wasser bestellt. Der Rekordnebel dauerte 176 Stunden (7 Tage und 8 Stunden), bei dem alleine 11,1 Tonnen Kohle für das Nebelhorn verbraucht wurden. 1915 übernahm die Coast Guard den Betrieb des Lighthouse und ersetzte zunächst das Nebelhorn durch ein elektrisches und 1939 das Leuchtfeuer durch ein ebenfalls elektrisch erzeugtes Licht. 1966 gelangte der Turm in die Zuständigkeit des Park Service. Als 1973 der sechsjährige Neffe eines Wärters von der rotierenden Linse getötet wurde schloss man den Leuchtturm für die Öffentlichkeit und baute eine vollautomatische Licht- und Signalanlage in einem neuen kleinen Gebäude unterhalb des Turms. Vier Jahre später öffnete die historische Stätte mit dem unverändert belassenen und funktionstüchtigen Leuchtturm wieder, der noch die originale Linse von 1870 beherbergt.
Der sonnengebleichte, holzige Grauwalschädel in 2000... (431kb) |
... und was in 2012 noch übrig ist (343kb). |
Möwen ziehen über uns ihre Kreise, und mit etwas Glück soll man hier im Januar und Februar bei ruhiger See auch Grauwale auf ihrer alljährlichen Wanderung beobachten können. Ein ausgestellter Grauwalschädel belegt diese Behauptung. Leider haben wir bei beiden Besuchen nicht das Vergnügen - es ist halt die falsche Jahreszeit -, dafür pfeift uns eine steife Brise um die Nase.
Auf dem Weg zum Parkplatz (286kb). |
Klare Sicht (253kb). |
(208kb). |
Ausblick vom Highway 1 beim Rückweg (356kb). |
Die steile und enge Treppe, die 1939 in den Fels gehauen wurde, will ich mir nicht antun. So begnüge ich mich damit, die anderen Touristen zu beobachten, wie sie sich nach dem mühelosen Abstieg nun wieder hinaufquälen. Mit dem Teleobjektiv kann ich auch so genug von den winzigen Gebäuden erkennen ohne eine Lungenentzündung auf der zugigen Treppe zu riskieren. Windgeschwindigkeiten von 40 mph (64,3 km/h) sind hier üblich, und 133 mph (214 km/h) wurden sogar schon gemessen. Allerdings wird ab 40 mph die Treppe gesperrt. Trotzdem ist warme Bekleidung mehr als empfehlenswert!
Insgesamt verweilten wir jeweils rund eine dreiviertel Stunde hier oben. Zusammen mit der Anreise ein lohnender und sicher nicht üblicher Halbtagesausflug, den man gut mit anderen Zielen in der Region (zum Beispiel Muir Woods, Mount Tamalpais, Napa Valley) verbinden kann. Bevor Ihr einen Besuch plant solltet Ihr Euch aber noch die Öffnungszeiten des Visitor Centers und der Treppe hinab zum Leuchtturm ansehen. Seit dem 1. Mai 2013 ist die Treppe und die Ausstellungen im unteren Leuchtturmgebäude nur von Freitags bis Montags zwischen 10 und 16:30 Uhr zugänglich, der Linsenraum an den gleichen Tagen nur zwischen 14:30 und 16 Uhr. Das Visitor Center und die Treppe sind Dienstags bis Donnerstags geschlossen. Aktuelle Öffnungszeiten findet Ihr unter https://www.nps.gov/pore/planyourvisit/hours.htm. Bei meinen beiden Besuchen haben wir nur die Außenanlagen besichtigt.
(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten
|
Weitere Themen über den Südwesten findet Ihr im oben oder mit der Navigation links. |