Auf Highway 41 Richtung Süden kurz hinter Oakhurst (203kb). |
Die Vegetation ist noch dicht (263kb). |
Somit gestaltet sich die Anreise vom Yosemite wie schon beim letzten Mal. Die Strecke kommt mir erstaunlich vertraut vor - jedenfalls stellenweise. Besonders die hoch emporragende Highwaybrücke in Fresno, die dann in der Höhe eine weite Linkskurve vollzieht, hatte sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt. Ansonsten ist die Strecke wenig interessant. Zunächst fährt man aus den dicht bewaldeten westlichen Gebirgshängen der Sierra Nevada heraus. Die Vegetation lockert auf, Laubbäume auf grünem Unterboden prägen noch das Bild. Doch sehr schnell wird der Bewuchs spärlicher, wandelt sich das saftig grüne Gras in helle, verdorrte Prärie. Bald darauf findet man sich in nahezu baumloser Umgebung - ein Vorgeschmack auf die Strecke nach Pismo Beach. Aber wir machen ja nur straßenbedingt diesen Westschlenker, um etwas weiter südlich wieder zur Sierra Nevada zurückzukehren.
Schon bald verschwinden Bäume und Büsche (139kb). |
In Fresno gehts wieder Richtung Sierra Nevada (98kb). |
Highway 180 führt zum Westeingang des Seqouia (143kb). |
Gleich hinter der besagten Highwaybrücke bei Fresno erwartet uns jedoch Ungemach. Groß und unübersehbar huscht ein Warnschild mit der bösen Aufschrift "Kings Canyon closed" an uns vorbei. Was soll das? War der ganze Canyon geschlossen? Womöglich wegen Waldbränden? Das hätte ich doch in den Nachrichten gehört, zumal so ein Schild ja auch nicht von jetzt auf gleich aufgestellt ist. Da, noch ein Hinweisschild. Nun wird mir doch mulmig. Die Musik-CD muss pausieren, ich suche nach einem Nachrichtensender. Gleichzeitig spiele ich im Geiste die möglichen Optionen durch. Kings Canyon und Sequoia haben nur einen West- und einen Südeingang. Kings Canyon liegt direkt am Westeingang, auf den wir zusteuern. Ist nun nur der Kings Canyon gesperrt und kommt man noch in den Sequoia? Sollen wir vorsichtshalber den Südeingang ansteuern, um auf Nummer sicher zu gehen? Oder gar umbuchen? Ok, aber wohin? Zwischen Sequoia und der Küste (unser nächstes Etappenziel ist wie gesagt Pismo Beach) ist tiefste Pampa. Einzige Alternative, um den Parkbesuch und damit auch unseren schönen Reiseplan zu retten, wäre Three Rivers am Südeingang, so es denn dort freie Zimmer gibt. Da ist mir aber aus 2003 nicht allzu viel in Erinnerung (wir suchten damals ein Restaurant und fuhren zwei Stunden lang, ehe wir in Woodlake endlich ein Pizza Hut fanden). Und wieder ein Schild. Irgend was muss uns einfallen.
Die karge Landschaft wird wieder hügeliger (135kb). |
Noch sieht man die Sierra Nevada nicht (192kb). |
Die ersten Ausläufer des Gebirgszuges (198kb). |
Je länger ich aber nachdenke, desto überzeugter werde ich, dass da irgendwas nicht stimmen kann. Man kann doch nicht einfach einen großen Nationalpark schließen, und nirgendwo erfährt man darüber außer am Wegesrand kurz vor dem Eingang. Zumal ich als "USA Reporter" ja nun wirklich stets die einschlägigen Nachrichtenquellen verfolge. Meine Zuversicht steigt. Aber dann kommt es: mit viel Geblinke und zahlreichen Warnbaken ist der schöne Highway plötzlich vor uns abgesperrt. Ein hässliches Detour-Schild weist uns nach links auf eine Nebenstraße. Mist, denke ich. Dann ist es also doch wahr. Aber warum eine Umleitung nach links, also nach Norden? Alternativ gäbe es ja nur einen Südeingang. Nach gefühlten zwei Meilen gibt es wieder eine Detour, jetzt nach rechts. Alles sehr komisch. Hat man den Kings Canyon umverlegt? Wir fahren weiter auf der vorgeschriebenen Umleitung. Fünf Minuten, zehn Minuten, dann geht es wieder nach rechts um die Ecke. Doch nach Süden Richtung Three Rivers? In der Ferne taucht unsere alte Straße auf. Und dann kommt der Moment, auf den ich gehofft habe: Es geht wieder auf unsere ursprüngliche Straße zurück. Ein letztes Schild am Ende der Umleitung klärt dann auch endlich auf, was der ganze Spuk sollte. Der Highway heißt an dieser Stelle nämlich East Kings Canyon Road. Warum man den Zusatz "Road" auf den Schildern weggelassen hat und diese zudem noch im offiziellen Nationalparksbraun gefärbt sind - man weiß es nicht. Vermutlich sind es die Schilder, die man verwendet, wenn im Winter der Canyon wirklich gesperrt ist, und man hat sich gedacht, wozu neue Schilder herstellen, wenn die vorhandenen fast passend sind. Dass man damit ganze Heerscharen von Touristen in der Hauptsaison verunsichert ist wohl nicht beabsichtigt - aber nahezu perfekt bewerkstelligt.
Es geht bergauf (158kb). |
Ganz alleine an der Entrance Station des Sequoia (379kb). |
Prescribed fires hüllen den Highway in dichten Rauch (229kb). |
Nun kann die Fahrt, um einer finsteren Wolke am Himmel entledigt, weitergehen. In der Ferne tauchen am Horizont bereits wieder die Berge auf, und die Fahrt durch die verschiedenen Vegetationszonen vollzieht sich eindrucksvoll in umgekehrter Reihenfolge. Die Dämmerung hat noch nicht wirklich eingesetzt, aber mit der tief stehenden Sonne im Rücken wirken die angestrahlten Hügel und der immer wieder durchschimmernde beige Boden sehr warm und angenehm. Um 19 Uhr erreichen wir den Westeingang des Kings Canyon and Sequoia National Park. Der sogenannte Big Stump Entrance war 2003 noch durch ein Holzschild an einem großen Baumstumpf passend gekennzeichnet. Danach suche ich jetzt vergebens. Entweder war der Big Stump weg oder ich blind. Als wir die Entrance Station erreichen sind wir ganz alleine dort. Niemand außer uns will in den Park. Der groß angelegte und offenbar provisorische Platz, der die Automassen vor den Kassenhäuschen auffangen soll, ist mit Kegeln und Pylonen abgesteckt, sodass wir eine weite Schleife fahren müssen. Das ist immer wieder eine Herausforderung, keine Abkürzung zu nehmen. Es ist wie an den mit Bändern abgesteckten Warteschlangen in Flughäfen oder Schnellrestaurants. Wenn niemand da ist, würde man am liebsten drüberklettern, anstatt den Parcours zu durchlaufen. Jedenfalls fügen wir uns dem vorgegebenen Straßenverlauf und dürfen den Park betreten. Der Parkranger erklärt uns noch, es gäbe einige prescribed fires (also von der Parkverwaltung gemanagte Brände), aber die Region um unser Hotel, der Wuksachi Lodge, sei hiervon nicht betroffen. Schon zehn Minuten später finden wir uns dann auch tatsächlich mitten in einem völlig verrauchten Straßenabschnitt. Wie Nebelschwaden zieht der Rauch vom Tal rechts der Straße den Hang hinauf. Hin und wieder kann man zwischen den Bäumen einzelne kleine Brände sehen, bei denen zusammengeklaubtes Laub und Unterholz auf einzelnen Lagerfeuern verbrannt wird. Die Sicht beträgt stellenweise keine hundert Meter. Wie gut, dass man in einem Auto die Außenluftzufuhr abschalten kann.
Die Wuksachi Lodge (296kb). |
Wir bekamen ein Zimmer im Haus "Silliman" (438kb). |
Um 20 Uhr checken wir im Hotel ein. Die Wuksachi Lodge liegt tatsächlich fernab jeglicher Geruchsbelästigung. Wir erhalten ein Zimmer im Silliman Gebäude, dem mittleren der drei Wohnblöcke. Unser Zimmer entspricht in jeder Hinsicht dem mir aus 2003 in Erinnerung gewesenen. Ein schönes breites King Bed, die lederne Ausziehcouch, der schwarze Kühlschrank, in den unsere drei Koffer gepasst hätten, und der obligatorische Fernsehschrank. Warum man in einem mit Holz ausgestatteten Zimmer einen knallblauen Plastikmülleimer aufstellt, ist mir zwar prinzipiell egal, aber optisch nicht wirklich ein Volltreffer. Ebenso empfinde ich die Wandbilder mit tanzenden Bären eher unpassend. Sicher will man an die heimischen und sich durchaus bemerkbar machenden Tiere erinnern. Ich assoziiere jedoch Tanzbären damit, was in eine völlig andere Richtung geht und in einem Nationalpark wie überhaupt mehr als unpassend ist.
Wo wir beim Meckern sind: Die Ausziehcouch (wohl nur im behindertengerechten Zimmer vorhanden) ist ausgeklappt eher eine Buckelpritsche denn ein ernst zu nehmendes Nachtlager. Mit etwas technischem Aufwand - sprich purer Gewalt - können wir die Scharniere der drei Bettelemente auf jeweils sagen wir mal 170 Grad aufdehnen, wobei die Gefahr mehr als groß ist, sich dabei irgend ein Körperteil im störrischen Gestänge heftigst einzupitschen. Das Ergebnis ist mithin nicht eine flache Liegestätte, sondern eine mit einem Höcker und einer Mulde. Wer Rückenbeschwerden hat, und sei es nur das geringste Zipperlein, sollte einen weiten Bogen um dieses Interieur machen. Wie die Optik und der muffige Geruch schon erahnen lassen stammt es vermutlich aus den frühen 1960ern, mit einer Federkernmatratze, mit der man sich zudem punktgenau einzelne Wirbel massiv verbeulen kann. Für eine Nacht sollte es notgedrungen reichen, ein Grund zur Reklamation wäre es allenthalben gewesen. Eine Alternative sehe ich jedoch nicht, denn die 2003er Couch aus dem Nachbarhaus war von ähnlicher Güte. Mit den wie überall im Überfluss vorhandenen Kissen füllen wir die Mulde aus, und irgendwie geht es dann. Unangenehmes Interieur Nummer zwei ist die Nachttischlampe. Das betrifft vermutlich alle Zimmer. Der Ausschalter befindet sich auf der Wandmontageplatte und ist ein winziger Metalldrehknopf. Der ist an meiner Bettseite so schwergängig, dass ich ihn im Liegen nicht betätigen kann. Und wenn man ihn dann mit wuchtiger Kraft gedreht bekommt, springt er meistens gleich zwei Einstellungen weit - sprich, die Lampe ist wieder an. Gott, warum hast Du am siebten Tag den Amerikanern den Kippschalter vorenthalten!??
Ein wirklich barrierefreies Badezimmer (153kb). |
Im Frühstücksraum der Wuksachi Lodge (153kb). |
Nachdem ich 2003 bereits das im Preis inbegriffene Frühstück verpasst hatte, weil dieses nur bis halb zehn angeboten wurde, will ich dies nun nicht erneut riskieren. Es gibt ja in der näheren Umgebung auch nicht wirklich viele Alternativen zur Nahrungsmittelbeschaffung. So rappeln wir uns auf und sind um 9 Uhr bereits im großen Speisesaal. Hier gibt es ein Buffet mit Selbstbedienung. Nach dem Wait to be seated, das hier angenehm zügig abgewickelt wird, stellt sich uns unsere Tischkellnerin nach allen Regeln der Kunst vor. Maja heißt die gute, und wie alle Kellnerinnen ist sie nicht älter als 20 und ausgesprochen hübsch. Ob wir ein american breakfast oder ein continental breakfast wollten. Also entweder Herzhaftes mit Ei, Fleisch und Kartoffeln oder Süßes mit Backwaren, Müsli, Obst und Saft. Ich entscheide mich für die letztere, preiswerte Variante. Hier wird nämlich neben den üblichen Verdächtigen wie Orangensaft und Donuts auch eine Auswahl an frischem Obst angeboten. Das ist natürlich das richtige für mich. Vor allem die leckeren orangen und grünen Honigmelonen in Verbindung mit dem süßen Gebäck bilden eine angenehme Kombination und geben den Ausschlag, diesmal nicht meine geliebten scrambled eggs mit ham zu ordern. Wenn auch der Kaffeenachschub etwas stockt, ist das Frühstück insgesamt sehr zufriedenstellend. So sehen das wohl auch die übrigen Gäste, denn immer wieder pilgern sie für einen Nachschlag zu den Buffettischen. Gut, mit dem reichhaltigen Angebot des Gables Inn in Sausalito kann die Wuksachi Lodge nicht mithalten, aber das, was angeboten wird, ist sehr in Ordnung. Am zweiten Morgen sollten wir erneut hier essen.
Doch zuvor dürstet es mich am Abend nach der Erkundung des Grant Grove, der Boyden Cavern und des Kings Canyons nach einem kühlen Bier. Die kleine Bar direkt neben dem Frühstücksraum, an der man beim morgendlichen Waiten in aller Ruhe die zahlreichen bekannten und unbekannten Spirituosen im Regal bewundern darf, ist mir direkt aufgefallen. Vor dem Betreten der Lodge erblicken wir links derselben eine kleine Herde Maultierhirsche, die in Seelenruhe in der Abenddämmerung grast. Einige Touristen haben sich versammelt und beobachten begeistert und erstaunlich diszipliniert und leise das vermeintlich seltene Schauspiel. Ich schieße auch ein paar Fotos, finde das ganze dann aber doch nicht so weltbewegend, dass ich länger als fünf Minuten in der Abendkühle hier verbringe. Im Yosemite hatte ich oft genug erlebt, wie handzahm und menschenunscheu die Tiere in solchen Touristenregionen sind.
Ein leckeres High Sierra Pale Ale (224kb). |
Meister Petz waits to be seated (231kb). |
So nehmen wir also an der Bar Platz - als einzige Gäste. Nur ein riesiger Plüschbär sitzt im Raum vor der Bar auf einem Stuhl. Meine Lieblingsbiermarke - Sam Adams - ist zwar nicht im Angebot, aber der nette und sehr gesprächige Chef de Bar empfiehlt mir wärmstens ein Sierra Nevada Pale Ale als Alternative und will sodann unsere Lebensgeschichte hören. Angesichts der werbemäßig dominierenden Biersorten Budweiser und Heineken lasse ich mich auf den Deal mit dem großen Unbekannten ein und bin angenehm überrascht. Das Gebräu kann durchaus überzeugen. Ein Wiedertrinken ist fest eingeplant.
Zum Abschluss des Berichts möchte ich noch klarstellen, dass die Wuksachi Lodge trotz der von mir beschriebenen und erlebten kleinen Mängel meiner Meinung nach dennoch die beste Übernachtungsmöglichkeit im Sequoia Nationalpark darstellt. Die perfekte Lage, das hochalpine, rustikale Ambiente und der moderate Preis sprechen eine eindeutige Sprache. Die unmögliche Schlafcouch ist nur in wenigen Zimmern vorhanden, der Lichtschalter ein landesweites Problem. Beides war mir aus 2003 bekannt, und ich würde jederzeit wieder hier übernachten.
(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten
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