Navajo Bridge Marble Canyon Colorado

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Antelope Pass, Highway 89, Arizona
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Abfahrt am Antelope Pass, Blick nach Westen auf Marble Canyon und die Vermillion Cliffs (190kb).

Auf der Fahrt von Page auf dem Highway 89 nach Süden zum South Rim des oder weiter nach Flagstaff führt der Highway über den Antelope Pass nach Bitter Springs hinab. Er muss hier eine der Felsklippen überwinden. Im Gegensatz zum geschieht dies ohne Serpentinen und bei bester Straßenqualität. Dieser Highwayabschnitt ist dennoch spektakulär, bietet er doch einen imposanten Ausblick in das Tal des Marble Canyons, jenem nördlichen Ausläufer des Grand Canyons. Die Landschaft ist karg und öde, und viele werden daher vermutlich achtlos weiterfahren.
Highway 89, Arizona

Auf dem Weg zur Navajo Bridge (260kb).


Nichtsdestotrotz lohnt sich ein Abstecher nach Norden in eben jenes triste Tal zwischen der soeben überwundenen Klippe im Osten und den fernen Vermillion Cliffs im Westen, denn rund sieben Kilometer flussabwärts von Lee's Ferry befindet sich eine der weniger bekannten Sehenswürdigkeiten des Grand Canyons, die Navajo Bridge. Hier ist die Schlucht des Marble Canyons, der in dem weiten Tal durch den Colorado eingeschliffen wurde, besonders eng und steilwandig - die idealen Voraussetzungen für eine Brücke. Genauer gesagt sind es heute zwei Brücken, die das Tal überspannen. Neben der historischen Brücke aus dem Jahr 1929 kam 1995 südlich ein Neubau hinzu, der diese doppelte Brücke an der abseits gelegenen Stelle zu einem bizarren Blickfang macht.
Navajo Bridge, Marble Canyon, Arizona

Die neue (links) und alte (rechts) Navajo Bridge (362kb).

Colorado, Navajo Bridge, Marble Canyon, Arizona

142 Meter über dem Colorado (358kb).

Colorado, Marble Canyon, Arizona

Blick nach Norden Richtung Lee's Crossing (300kb).

Colorado, Navajo Bridge, Marble Canyon, Arizona

Ganz schön hoch ist die Brücke (278kb).

Colorado, Marble Canyon, Arizona

Die steilen Canyonwände (294kb).

Kurz vor Bitter Springs - einem Ort mit gerade mal 547 Einwohnern (2000) - gabelt sich der Highway 89 kurz hinter einer Auslaufstrecke für LKW's. Der nach Norden abzweigende Teil führt nach 22 Kilometern zur Navajo Bridge. Die Strecke ist unansehnlich, um nicht zu sagen langweilig. Da erscheint schon die äußerst ärmlich wirkende Navajo-Siedlung Navajo Springs als abwechslungsreicher Hingucker am rechten Straßenrand - und macht ein wenig nachdenklich, wozu man aufgrund der mangelnden optischen Reize auf den folgenden Kilometern auch genügend Zeit hat. Schließlich erreicht man völlig unerwartet den eigentlichen Marble Canyon mit der doppelten Brücke.

Als die erste Navajo Bridge am 12. Januar 1929 eröffnet wurde, vermeldete die Tageszeitung von Flagstaff, Coconino Sun, die "biggest news in southwest history". Aus dem Blickwinkel der Zeit betrachtet kann man dies durchaus verstehen, war sie doch die einzige Brücke über den Colorado auf 965 Kilometern Flusslänge. Sie bildete damit eine lebenswichtige Verbindung zwischen Arizona und Utah. Der erste direkte Highway zwischen den beiden Bundesstaaten (jetzt Highway 89) führte über sie. In der Folge sorgte sie für einen wirtschaftlichen Aufschwung in dieser unterentwickelten Region von Nord-Arizona und Süd-Utah. Außerdem war sie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung die höchste Stahlbogenbrücke der Welt.

Interpretive Center, Marble Canyon, Arizona

Das Interpretive Center im Westen zwischen den Brücken... (391kb)

Interpretive Center, Marble Canyon, Arizona

... passt wie gemalt in die Landschaft (311kb).

Die Brücke ist 254 Meter lang, die Fahrbahn 5,5 Meter breit und 142,34 Meter über dem Canyongrund gelegen. Insgesamt wiegt die Stahlkonstruktion 1.089 Tonnen. Hinzu kommen 385 qm Beton mit noch mal 37 Tonnen Stahlverstärkungen. Der Bau hat 390.000 Dollar gekostet, welche sich das Arizona Department of Transportation und das Bureau of Indian Affairs teilten - der östliche Brückenkopf liegt im Reservat der Navajos. Vor dem Bau wurde eine Canyonwand mit 500 Pfund Sprengstoff gesprengt. Dann begannen nacheinander von beiden Seiten die Konstruktionen, durchgeführt durch die Kansas City Structural Steel Company. Dabei wurden jeweils 94 Meter weit die Halbbögen über den Canyonrand hinausgeschoben. Zuerst wurde der östliche Teil fertiggestellt, was zwei Monate dauerte. Zweieinhalb Monate später war auch das westlichen Pendant fertig, sodass am 12. September 1929 der Bogen geschlossen werden konnte. Bei der Einweihung waren 5.000 Gäste anwesend. Es war das Ende der bisherigen Fährverbindung bei Lee's Ferry. Lee's Ferry galt bis dahin als einzige Passiermöglichkeit des Colorado zwischen Arizona und Utah, weil dort die Canyonwände niedrig und das Verladen von Fahrzeugen auf die Fähre damit relativ einfach möglich war. Der Fährdienst war jedoch wetter- und wasserstandsabhängig.

Colorado, Navajo Bridge, Marble Canyon, Arizona

Die neue Brücke über dem Colorado; Blick flussabwärts (214kb).

Colorado, Marble Canyon, Arizona

Viel Schlamm führt das Wasser mit sich (316kb).

Den modernen Anforderungen an den Straßenverkehr wurde die historische Brücke mit einer Maximallast von 22,5 Tonnen (40 Tonnen maximal) nicht mehr gerecht, die scharfen, unübersichtlichen Kurven vor der Brücke waren zudem ein Sicherheitsproblem geworden. So entschied 1990 das Arizona Department of Transportation, eine neue Brücke zu errichten, die aber dem Umfeld und ihrem Vorgängermodell angepasst sein sollte. Beim Bau der Brücke ging diesmal rücksichtsvoller mit der einzigartigen Landschaft um. Lose Felsen wurden in kleinen Portionen entfernt, und ein Auffangnetz verhinderte das Herabstürzen derselben in den Canyon, um Beschädigungen zu verhindern.

Colorado, Navajo Bridge, Marble Canyon, Arizona

Die jetzige Highwaybrücke (251kb).

Navajo Bridge, Marble Canyon, Arizona

Blick nach Osten (298kb).

Interpretive Center, Marble Canyon, Arizona

Sehr schöne und schattige Picknickmöglichkeit (229kb).

Sieben Monate dauerte die neue Konstruktion, bis am 14. Oktober 1994 die beiden je 111 Meter langen Brückenhälften durch einen zentralen Bolzen miteinander verbunden wurden. Ein fahrbarer Kran hatte die beiden vorgefertigten Bogenteile zuvor vor die Canyonwände gehoben, sodass sie dort verankert werden konnten. 15 Millionen Dollar kostete die neue Brücke. Mit der Eröffnung wurde die alte Brücke, die nun ein Historic Civil Engineering Landmark ist, für den Autoverkehr gesperrt und ist nun nur noch für Fußgänger und Reiter zugänglich. Ein Besucherzentrum wurde errichtet, in dem die Historie der Brücken und der vormaligen Überquerung des Colorados erklärt wird.

Bei meinem Besuch in 2006 parkten wir unseren Minivan auf dem kleinen Parkplatz vor der historischen Brücke. Hier gibt es vielleicht acht Stellplätze in unmittelbarer Nähe zum Canyonrand. Der erste Weg führt auf eine kleine Aussichtsplattform, die sich zwischen den beiden Brücken befindet. Hier kann man, hier muss man ein Foto machen. Zu beiden Seiten führt je eine Brücke nahezu symmetrisch auf die westliche Canyonseite hinüber. Die erstaunliche Ähnlichkeit der Konstruktionen fällt ins Auge, trotzdem das linke Bauwerke 66 Jahre jünger und wesentlich moderner ist. Wer sich jedoch mit dieser Aussicht begnügt, verpasst einiges. Also traten wir den kurzen Fußmarsch über den Marble Canyon an. Das angenehme an der alten Brücke ist die Fußgängerzone auf ihr - man kann in aller Ruhe von der linken zur rechten Seite wechseln und staunend in die Tiefe schauen, ohne sich Gedanken über störende und lärmende Fahrzeuge machen zu müssen. Da der Zugang zudem kostenlos ist, kann ich jedem vom teuren Skywalk abgeschreckten Touristen einen Besuch an dieser Stelle nur empfehlen. Der Blick nach unten auf den Colorado ist hier zwar nicht so spektakulär, weil der Canyon hier sehr viel enger ist, aber immerhin schaut man senkrecht auf den Colorado, was man ansonsten nur vom Hubschrauber aus genießen kann. Hat man die steilen, fast senkrechten Canyonwände und den langsam hindurchfließenden Fluss zur Genüge betrachtet sollte man im Westen die im Hintergrund emporragenden Vermillion Cliffs nicht außer Acht lassen. Außerdem bietet sich von der westlichen Canyonseite zunächst ein erneutes Foto der Brücken an. Je nach Tageszeit hat man so wenigstens ein gut ausgeleuchtetes Bild.

Interpretive Center, Marble Canyon, Arizona

Vor dem Interpretive Center (273kb).

Auf dieser Seite befindet sich auch das erwähnte Interpretive Center mit zahlreichen Schautafeln sowie einem gut sortierten Bookshop. Hier habe ich gleich mehrere Bücher über Utah und Arizona von den beiden netten, älteren Verkäuferinnen erworben. Der Laden ist klein, aber wirklich gut sortiert und bietet für jeden Interessierten durchweg interessante Literatur. Somit profitiert Ihr nun auch indirekt von meinem Besuch der Navajo Bridge.

Die Anlage ist aus Naturstein und Holz gebaut und fügt sich ausgesprochen gut und dezent in ihr Umfeld. Sie verfügt außerdem an der Canyonseite über eine sehr nette Picknickmöglichkeit mit Tischen und Bänken unter Holzpergolas, die genügend Schatten spenden, um der prallen Sonne zu entfliehen und sich ein wenig abzukühlen. Hat man auf der östlichen Seite keinen Parkplatz gefunden kann man sein Glück hier versuchen; 22 Stellplätze stehen zur Verfügung.

(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten

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