Fahrt zum Hearst Castle (200kb). |
Bisher war ich dem Hearst Castle gegenüber auch immer sehr skeptisch eingestellt. Die Geschichte von dem reichen Multimilliardär, der Kunst aus den verschiedensten Epochen zusammengetragen und in seinem riesigen Märchenschloss, das prunkvoll ausschaut, aber in Wirklichkeit aus wohlverkleidetem Beton besteht, konnte mich nicht davon überzeugen, dass dies insgesamt eine Attraktion sein sollte. Aber wie ich heute weiß darf man einfach keine europäischen Maßstäbe ansetzen. Betrachtet man die Anlage aus amerikanischer Sicht ist sie wirklich etwas ganz Besonderes. Und wenn man sich intensiver mit dem Bauwerk, seinem geistigen Schöpfer, der Architektin und seiner Geschichte auseinandersetzt, gibt es wenig, was dieses Xanadu von anderen einzigartigen Denkmälern unterscheidet. Es gehört zur Geschichte der Vereinigten Staaten, zu Hollywood und der High Society des letzten Jahrhunderts.
Blick auf den Hearst Memorial State Beach (200kb). |
Meine Besichtigung begann an der Bushaltestelle hinter dem Visitor Center. Hier kam uns zum vereinbarten Termin unser Reiseführer entgegen. Er hieß Arthur, war sicher 70 Jahre alt, hatte einen grau-weißen Bart, die typische Uniform des Hearst Castles mit hellbeigem Hut und riesiger Krempe, blauem Anzug und weißem Hemd nebst roter Krawatte, und eine ältliche dunkle Sonnenbrille. Ein Plastikausweis, der an einem blauen Band um seinen Hals baumelte, wies ihn als offiziellen Mitarbeiter des Hearst Castles aus. Zunächst ging es mit einem Minibus zum Hearst Castle hinauf. Neben mir und einem meiner Freunde reiste noch eine 94-jährige Frau nebst ihrer Krankenschwester mit. Wie wir während der Fahrt erfuhren, war ihr Vater an den Bauarbeiten am Hearst Castle beteiligt gewesen und sie hatte einen Teil ihrer Jugend hier verbracht. Sie kannte sogar Randolph Hearst persönlich. Nach vielen Jahrzehnten wollte sie noch einmal an diesen Ort zurückkehren. Arthur war sofort begeistert, eine Führung für einen VIP machen zu dürfen, und ich freute mich gleich doppelt.
Der Tennis Court bildet das Dach des Roman Pools (181kb). |
Der Roman Pool (228kb). |
Die Spiegelungen haben ihren eigenen Reiz (283kb). |
Dort oben wurde manchmal diniert (304kb). |
Nach nicht zehn Minuten erreichten wir das Schloss. Die erste Station unserer Führung war der Roman Pool. Dies ist ein riesiger 81 feet langer Innenpool im römischen Design. Hearst entschied sich zum Bau dieses Pools unterhalb des Tenniscourts, da er ein begnadeter Tennisspieler war und eine Innenpoolanlage für passend erachtete. Ursprünglich war die Anlage, die zwischen 1927 und 1934 entstand, wie bei römischen Vorbildern mit zwei Pools unterschiedlicher Temperaturen geplant. Im Laufe der Planungen verband man diese aber zu einem einzigen T-förmigen Pool, dessen kleine Nische unterhalb einer Empore nur dreieinhalb feet tief ist, während der Hauptpool mit 10 feet für Anfänger eigentlich zu tief ist. Vermutlich deswegen wurde der Pool auch nur unregelmäßig genutzt. Ein anderer Grund hierfür war die Lage an der nordöstlichen Seite des Hearst Castles. Alle Gästehäuser befanden sich nämlich auf der gegenüberliegenden Seite hinter dem Casa Grande. Seine Lage unterhalb des Tenniscourts vermittelte zudem den Eindruck, der Pool läge im Hügel, was jedoch nicht der Fall ist.
Ein beeindruckendes Schwimmbad (299kb). |
Der Pool ist mit 1 inch großem Murano Mosaik aus Glas und zweiundzwanzigkarätigem Gold (genannt smalti) verkleidet. Beeindruckt von antiken Mosaiken des 5. Jahrhunderts aus dem Mausoleum Galla Placidia in Ravenna hatte Hearst angeordnet, dass diese als Vorlage für seinen Pool dienen sollten. Drei Jahre dauerte das Anbringen der Steine. Acht nachgebildete Statuen von römischen Göttern und Helden schmücken den Raum. An der linken Seite des großen Pools befindet sich eine Empore. Sie diente als Essensplattform und ist über eine rückwärtige Treppe, die über die Alkove führt, erreichbar. Den Reiz des Roman Pool macht sicherlich das sich im glasklaren Wasser spiegelnde, farbkräftige Mosaik, die Alabasterlampen und Marmorstatuen aus. Es ist ein fantastisches Lichtspiel in einem Raum, dem man nicht ansieht, wann er wirklich gebaut wurde. Dem Komplex gehören noch ein Fitnessraum, Saunas, ein Handballplatz und Umkleideräume an.
Hearst hatte übrigens eines Tages die Schnapsidee, den Pool mit Salzwasser zu füllen. Niemand konnte ihm dies ausreden, und so bestellte man die ausreichende Menge von 18 Tonnen Salz, die man dem Wasser beimengte. Das Resultat war vorherzusehen. Die Pumpen stellten bald ihren Dienst ein, die Rohre wurden porös. Diese kleine Anekdote soll klarmachen, wer beim Bau des Hearst Castle das Sagen hatte.
(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten
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