Auf dem Highway 95 Kurz vor Lake Havasu City (182kb). |
Das Wahrzeichen der Stadt: die London Bridge (236kb). |
Der Ort Lake Havasu City, der sich am östlichen Ufer in der Mitte des Sees befindet, ist ein beliebtes Touristenziel und Naherholungsgebiet. Hier finden regelmäßig nationale und internationale Wassersportveranstaltungen und Regatten statt. Auch für Nicht-Wassersportler bietet die kleine Stadt zahlreiche Aktivitäten, so zum Beispiel insgesamt vier Golfplätze, ein Eislaufstadion oder Tennisplätze. Natürlich kann man den See auch auf eigene Faust mit einem Leihboot erkunden, angeln oder die umliegende, kaum erschlossene Landschaft zu Fuß oder offroad erkunden. Zweieinhalb Millionen Besucher zählt Lake Havasu jährlich und ist damit hinter dem Grand Canyon der zweitgrößte Touristenmagnet nach dem Grand Canyon. Viele der Besucher kommen nicht zuletzt wegen der größten Attraktion überhaupt hierher:
Die Brücke in voller Länge (251kb). |
Bootsverleih am Bridgewater Channel (236kb). |
Mit schattenspendenen Bäumen überwachsene Uferpromenade (306kb). |
Wer erinnert sich nicht an den Reim "London Bridge is falling down, my fair lady". Mir ist es als Musikstück noch bestens in Erinnerung als eines der ersten mit Computerstimme gesungenen Stücke. Wie auch immer - was der Dichter sicher nicht wissen konnte, sollte sich tatsächlich nach dem besungenen Ereignis um 1269, als König Heinrich III. die Zollrechte der Brücke an Königin Eleonore de Provence übergab (sie ist die "fair lady", die nachweislich ihrer Pflicht nicht nachkam, mit den Zolleinnahmen den Unterhalt der Brücke zu finanzieren), ein zweites Mal ereignen. Nach 138 Jahren treuer Dienste begann die London Bridge in London tatsächlich unter dem zunehmenden Verkehr und der eigenen Last von immerhin 130.000 Tonnen langsam in der Themse zu versinken und musste einer moderneren Brückenkonstruktion weichen. Die Themse hat nämlich Tidenhub, was all ihren historischen Brücken zu schaffen macht. Anstatt die Brücke aber einfach abzureißen entschied man sich, das Bauwerk am 17. April 1968 zu versteigern. Dies erfuhr auch der Gründer der Stadt Lake Havasu City, Fabrikant Robert Paxton McCulloch, der 1964 seine Fabrik für Kettensägen, Klein- und Außenbordmotoren an diesen einsamen Ort in der Wüste - ein stillgelegter Notlandeplatz des US Army Air Corps - verlegt hatte. 1963 hatte er 13.000 acres Land am Lake Havasu im Mohave County ersteigert, wo er die neu entwickelten Außenbordmotoren in der Thompson Bay testen konnte. Jedoch musste er ein Strömungsproblem lösen. Der durch den Parker Damm aufgestaute Colorado, der den Lake Havasu bildet, sollte durch einen Kanal begradigt werden. Dadurch wurde eine Landzunge vom Rest seines Landes abgetrennt, für die er nun eine Brücke brauchte.
Blick auf die Berge im Norden (274kb). |
Fahrt über die London Bridge (153kb). |
Blick auf Lake Havasu City (197kb). |
So entschloss er sich, 2,46 Millionen Dollar für die Brücke zu bieten, nachdem die Stadt London das historische Bauwerk auf einer Pressekonferenz in Los Angeles versteigern ließ. Der Legende nach soll McCulloch dies im Glauben getan haben, es handele sich um die bekanntere Tower Bridge. Sein Gebot war zwar nicht das höchste abgegebene, aber schließlich bekam er doch den Zuschlag. So wurde die Brücke 1968 abgebaut, die einzelnen Blöcke aus Dartmoor-Granit durch den Panamakanal nach Long Island in Kalifornien verschifft, mit LKWs nach Lake Havasu gebracht und dort Stein für Stein wieder errichten, was weitere 7 Millionen Dollar verschlang. Drei Jahre dauerte der Wiederaufbau. Feierlich eröffnet wurde die London Bridge am 10. Oktober 1971 im Beisein von über 50.000 Menschen. Die wieder aufgebaute Brücke ist allerdings 58 feet kürzer als das Original. Außerdem ist sie innen hohl um zu verhindern, dass sie wie ihre ursprüngliche Version versinkt. Übrigens ist die London Bridge im Guinness Buch der Rekorde verzeichnet als die größte Antiquität, die je verkauft wurde. Unter der Brücke befindet sich der besagte, 1,5 Kilometer lange Kanal, der Bridgewater Channel, der erst nach dem Bau geflutet wurde. Die neu entstandene Insel erhielt den Namen Pittsburg Point. Die Lampenmasten auf der Brücke sind übrigens aus eingeschmolzenen französischen Kanonen der Schlacht bei Waterloo gegossen und wurden mit der Brücke erworben.
Mit Hilfe des berühmten Stadt- und Vergnügungsparkplaners Cornelius Vanderbilt Wood, der bereits Disneyland, Magic Mountain und Six Flags geplant hatte, begann die Errichtung einer Ortschaft, die zu einem Erholungsgebiet entwickelt werden sollte. McCulloch organisierte mit seiner eigenen Fluggesellschaft McCulloch Aviation bis 1978 insgesamt 2.702 kostenlose Flüge für interessierte Siedler, von denen er auf diese Weise 137.000 in die neue Stadt brachte.
Heute bildet diese ungewöhnliche Attraktion den Mittelpunkt des Ortes Lake Havasu City, der mittlerweile 55.000 Einwohner zählt und ein beliebter Alterswohnsitz ist. Dies kann man wohl nur verstehen, wenn man bedenkt, dass die umliegenden Orte wie Phoenix der prallen Hitze ausgesetzt sind und deshalb ein See mit Wassersportmöglichkeiten sehr verlockend ist. Dementsprechend findet hier zwischen März und Juni anlässlich des Spring Breaks eine durchgehende Party statt.
Eingang zum English Village (212kb). |
Flaggenmasten und Doppelstockbus (259kb). |
Tudor-Architektur im Englischen Dorf (227kb). |
Hutkiosk und Kerzengeschäft am Fuße der Brücke (260kb). |
Ein Grenzstein aus London (248kb). |
Ein kleiner Ortsteil in klassischer englischer Tudor-Architektur bildet das touristische Zentrum bei der London Bridge. In English Village gibt es alle nur erdenklichen, an die Bedürfnisse von Touristen orientierten und optisch an das mittelalterliche England angelehnten Geschäfte wie Kunstläden, Souvenirs, Bekleidung, Schmuck oder Antiquitäten, aber auch Restaurants mit englischer Speisekarte und natürlich Bootsverleihe. Dies alles in unübersehbarer Präsenz der gewaltigen Brücke, die für diesen vergleichsweise kleinen Ort viel zu bombastisch und nahezu erdrückend wirkt. Dennoch muss ich sagen, dass sie mit ihren runden Bögen als Rahmen für die durch diese wie ein Passepartout eingerahmte Natur durchaus einen Reiz hat.
Wir parkten unser Auto am Ende des London Bridge Boulevard - der irritierenderweise nicht über die London Bridge führt. Durch ein riesiges schmiedeeisernes Tor, das eher an einen Friedhofseingang erinnert als den Zugang zu einer Touristenhochburg, betraten wir die English Village. Ein großer Brunnen mit einem runden, sich auf einer Wassersäule drehenden Kugel in der Mitte des Platzes begrüßte uns - die einzigen Gäste weit und breit. Die ersten Gebäude an diesem Platz weisen neben der roten Färbung die für die Zeit typischen großen Fenster auf, die durch weiße Holzrahmen in viele kleine Scheibensegmente aufgeteilt sind. Die Farbe rot soll wohl an die britischen Uniformen und die Doppelstockbusse erinnern, von denen einer etwas abseits, aber gut sichtbar geparkt stand.
Wir folgten dem Fußweg, der nun hinabführt zum Ufer des Lake Havasu und direkt zur Brücke. Angenehm ist die Tatsache, dass die hier entlang des Ufers verlaufende, breite Promenade auch unter einen Brückenbogen führt und somit in der erdrückenden Hitze und Schwüle Schatten spendet. Diese überdachte Stelle scheint aus dem gleichen Grund ein beliebter Treffpunkt zu sein, denn im Gegensatz zur übrigen Promenade waren hier sehr viel mehr Menschen anzutreffen als unter freiem Himmel. Vielleicht lag das aber auch daran, dass der Eisverkäufer in unmittelbarer Nähe sein Geschäft hatte und man hier noch die beste Chance hatte, sein Eis zu lutschen, anstatt es gleich zu trinken. Jedenfalls trafen wir an dieser Stelle auf einige andere Besucher, wenngleich die Mehrzahl der Anwesenden eindeutig einheimisch und im Rentenalter war. Den Schatten teilen mussten wir uns mit einer enormen Zahl an Tauben. Was die in der Wüste suchen ist mir nicht ganz klar, aber wo Rentner und Bänke sind müssen schließlich auch Tauben sein. Wir folgten der Promenade ein Stück nach Südosten. Sie weist hier zahlreiche von Bäumen und Palmen überrankte Bänke parallel zum Ufer auf, was sehr idyllisch wirkt - wäre da nicht diese Hitze gewesen. Am Ufer des Sees lagen kleine Boote vor Anker, die leicht im Wasser des Sees schwankten. Auf der dem Kanal gegenüberliegenden Seite sieht man eine große Einkaufsmall, Hotels und Bungalows auf Pittsburg Point, zur Rechten unter den Bögen der London Bridge eine kahle, aber immerhin beige Gebirgskette - eigentlich ein ganz angenehmes optisches Ambiente, zumal es überall auch grüne Flecken gibt. Nach einigen Minuten drehten wir dennoch wieder um und gingen zum Auto zurück. Dieses hatte sich in den 30 Minuten unseres Aufenthalts noch mehr aufgeheizt als wir selbst, sodass die Klimaanlage auf Hochtouren laufen musste und ihre Mühe hatte, den Wagen auf einigermaßen erträgliche Temperaturen herunterzukühlen. Das vermeintlich ebenfalls schwüle Klima San Diegos vor Augen hatte ich schon Befürchtungen, zu wenig T-Shirts mitgenommen zu haben. Wie sich herausstellte, war es aber nur am Lake Havasu so drückend; an der Küste wehte ein angenehmer Wind.
Lake Havasu Lighthouse - ein Leuchtturm in der Wüste (234kb). |
Von Pittsburg Point sieht Lake Havasu City eher nach Village aus (194kb). |
Nachdem wir die London Bridge und ihr unmittelbares Umfeld vom Boden aus bewundert hatten, wollten wir sie zum Abschluss einmal überqueren und die Insel Pittsburg Point, die sich jenseits der Brücke befindet und nur über diese zu erreichen ist, in Augenschein nehmen. Auch wenn die Insel von English Village aus betrachtet durchaus reizvoll ausschaut, so ist sie doch aus touristischer Sicht ein völliger Reinfall. Sie beherbergt in ihrer Mitte den Lake Havasu City Airport, einen kleinen Jachthafen und den Nautical Inn Golf Course. Ansonsten besteht die Insel aus Kieselsand - ohne Baum- oder Strauchbewuchs. Wer also einen riesigen Sandkasten in brütender Hitze ohne Schatten sucht, der mag hier glücklich werden. Lake Havasu City ist oft der wärmste Ort in Arizona, und oft in ganz USA. Nach derzeitigem Entwicklungsstand (2006) lohnt sich die Überquerung der London Bridge mithin nur ihrer selbst wegen.
Grüne Oase in der Wüste: das Bill Williams River Wildlife Refuge (279kb). |
Am Südzipfel des Sees überquert der Highway den See (208kb). |
Blick nach Norden (264kb). |
Wir verließen die Stadt über den Highway 95 nach Südosten, um auf unserer Rundreise mit Twentynine Palms den nächsten Übernachtungsort zu erreichen. Am südlichen Ende des Lake Havasu befindet sich das Bill Williams River National Wildlife Refuge, ein idealer Ort, um die unberührte Natur zu beobachten. Diese bietet die einzigartigen, wie Statuen hochgewachsenen Saguaro Kakteen, die man in nahezu jedem Western sieht (und die oben in meiner Headergrafik als Symbol für Arizona eingebunden sind), Ocotillos, Bighorn Schafe, Koyoten, Reptilien und über 200 Vogelarten. Von der Straße aus bekommt man davon freilich wenig mit, außer dass dieses Ende des Sees vergleichsweise grün erscheint. Einen letzten Fotostopp legten wir nach der Überquerung der Bill Williams Highwaybrücke am südlichen Ende des Lake Havasu kurz vor dem Parker Damm ein.
Summa summarum war es mal nett, diesen bekannten Ort mit seiner historischen Brücke gesehen zu haben; wiederkehren muss ich aber nicht unbedingt.
(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten
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